Mechanisierung der Landwirtschaft
Motorwagen
Datierung
um 1930
Material/ Technik
Eisen, Fichte, Gummi, Bakelit, Kupfer
Inventarnummer
13/005/01
Bis ins 20. Jahrhundert hinein war bäuerliche Arbeit größtenteils körperlich harte Arbeit. Mit der Mechanisierung und Motorisierung gingen deutliche Arbeitserleichterungen in der Landwirtschaft einher. Auf dem Land hatte das Dampfzeitalter nur vereinzelt Fuß fassen können, wenn, dann meist in Form von Lokomobilen, mobilen Dampfmaschinen, die vor allem beim Dreschen von Hof zu Hof zum Einsatz kamen.
Mit kleinen, handlichen, stationären oder mobilen Motoren erreichte die „neue Zeit“ nach 1900, wenn nicht jedes Haus, so doch jedes Dorf. Verbrennungs- und Elektromotoren trieben die dazu passenden neu entwickelten landwirtschaftlichen Geräte und Maschinen an. Für geschlossene oder halb offene Räume wie Stall, Scheuer, Tenne eigneten sich, Strom vorausgesetzt, Elektromotoren besonders gut. Im Vergleich zu den Brand- und Vergiftungsgefährdungen durch Verbrennungsmotoren waren beim Einsatz von Elektromotoren derartige Risiken gering.
Mobile Elektromotoren, auf Fahrgestelle aufmontiert, konnten, mit entsprechender Transmission, vielfach eingesetzt werden, etwa zum Futterschneiden, als Antrieb für Dresch- und Häckselmaschinen, zum Schafscheren, zum Butter machen.
Der hier vorgestellte Motorwagen – 2,50 m lang, 1,20 m breit, 1,80 m hoch – seit 2013 in der Sammlung des Freilichtmuseum Beuren, stammt von einem Hofgut in Münsingen-Buttenhausen auf der Schwäbischen Alb. Dort wurde er als Antriebsaggregat für Dreschmaschinen von den 1930er bis in die 1980er Jahre eingesetzt. Mit dem Motorwagen war es auch möglich, bei entsprechender Stromversorgung auf dem Feld zu dreschen. Vielfach wurden hierzu Überlandleitungen mit – aus heutiger Sicht – fahrlässig einfachen Mitteln angezapft.
Bei der Übernahme in die Sammlung des Museums war der Motorwagen in einem relativ guten Zustand. Lediglich kleine Ausbesserungen an Fahrgestell und Aufbau wurden vorgenommen. Da das Aggregat im Freilichtmuseum gelegentlich bei Vorführungen gezeigt und eingesetzt wird, wurden sicherheitsrelevante alte Teile stillgelegt und durch neue ersetzt.
Der Motor selbst ist auf einen zweiachsigen Pritschenwagen aufmontiert und durch ein Brettergehäuse geschützt. Läden und Schiebetüren sorgen für die betriebsnotwendigen Öffnungen. Im geschlossenen Zustand deutet lediglich die eiserne Riemenscheibe auf die Funktion des Ganzen hin. Der Wagen selbst wurde handwerklich hergestellt, vermutlich von einem Wagner, die Eisenräder stammen aus industrieller Produktion.
Die Cölner Elektromotorenfabrik Johannes Bruncken fertigte um 1930 den 20 PS starken Doppelkurzschlußanker-Motor, kurz Doka-Motor genannt. Seit 1907 baute die Firma Elektromotoren, sie existierte bis etwa 1970. Doka-Motoren waren in der Landwirtschaft weit verbreitet und beliebt, man konnte sie ohne Rucken sanft anlaufen lassen, und sie zeichneten sich durch eine lange Lebensdauer aus – Qualitäten, die der Motorwagen des Freilichtmuseums nur bestätigen kann.